Diese Frage wird in der Wissenschaft teilweise kontrovers, teilweise schon fanatisch diskutiert.
Seit etwa dem Jahr 2000 verzeichnen wir in Deutschland einen kontinuierlichen Rückgang der Brustkrebsmortalität. D.h. wir sehen schon vor der Einführung des Mammographie-Screening, ab dem Jahr 2005, einen Rückgang der Sterblichkeit an Brustkrebs. Bedeutet das, dass Screening keinen Effekt auf die Brustkrebsmortalität hat oder haben wird?
Dieser Rückschluss greift aus mehreren Gründen zu kurz: Es ist klar, dass der Rückgang der Brustkrebssterblichkeit zu einem großen Teil durch verbesserte Behandlungsmöglichkeiten bedingt ist. Es ist aber zu bedenken, dass es auch schon vor der Einführung des Mammographie-Screenings eine weit verbreitete Früherkennung durch Mammographie in Deutschland gab, nur eben nicht als qualitätsgesichertes Programm. Es lässt damit sich heute nicht genau sagen, welchen Anteil am Rückgang der Brustkrebssterblichkeit der Fortschritt in den Therapieverfahren von Brustkrebs und welchen Anteil die Mammographie hat. Wir können aber davon ausgehen, dass beide Faktoren Einfluss nehmen.
Die Frage nach dem Effekt des heutigen Mammographie-Screenings auf die Brustkrebsmortalität lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht messen. Dazu läuft das Programm noch deutlich zu kurz. Zurzeit befinden wir uns in Phase I eines Mammographie-Screening-Programms.
Wir sehen aber bereits erste Effekte des Screenings. Wie erwartet zeigt sich mit der Einführung des Screenings in Deutschland ein deutlicher Anstieg der neu diagnostizierten Brustkrebsfälle. Die Neuerkrankungen an Brustkrebs steigen nach Angaben der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland zunächst von 58.000 (2003) auf rund 72.000 pro Jahr (2009). Nach den ersten Screening-Runden ist aktuell aber wieder ein Rückgang auf 67.500 (2011) zu verzeichnen. Auch das ist ein erwarteter Effekt. Denn bei Start eines Screenings werden zusätzliche Tumore, zumeist in einem frühen Stadium, gefunden, die ohne Screening erst zu einem viel späteren Zeitpunkt entdeckt worden. Später „fehlen“ diese früh entdeckten Tumor dann; die diagnostizierten Neuerkrankungen gehen wieder zurück.
Phase I lässt sich jedoch auch noch an der Stadienverteilung ablesen. Wir sehen schon jetzt einen höheren Anteil an prognostisch günstigeren Karzinomen für Screening-Teilnehmerinnen im Vergleich mit den Daten der bevölkerungsbezogenen Krebsregister vor Einführung des Programms.
Noch nicht erreicht haben wir Phase II und III eines Mammographie-Screenings. Auf dieser Ebene können dann Intervallkarzinome bundesweit quantitativ bestimmt werden. Jedoch müssen dazu erst die Grundlage eines standardisierten Krebsregisterabgleichs unter Berücksichtigung der föderalen Krebsregister- und Datenschutzgesetze geschaffen werden. Ein weiteres Merkmal in diesen Phasen ist, dass die Inzidenz für prognostisch ungünstige Tumoren sinkt.
Erst in Phase IV, also 9 bis 12 Jahre nach der flächendeckenden Etablierung des Programms, können prinzipiell Aussagen über den Effekt des Screenings auf die Brustkrebsmortalität getroffen werden. Dazu benötigen wir aber ein belastbares Konzept für eine Mortalitätsevaluation.
Doch stellt sich schon heute die Frage, ob die Senkung der Brustkrebsmortalität auch aus Sicht der Frauen noch alleiniger Maßstab für die Bewertung eines Screenings sein kann. Müssen wir nicht vielmehr künftig stärker Aspekte wie schonendere Therapie oder Lebensqualität einbeziehen? Diese Diskussion hat gerade erst ihren Anfang genommen. Es bleibt abzuwarten, wie sich der wissenschaftliche und auch gesellschaftliche Diskurs hierzu entwickelt.
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